Royal Mariner Glasenuhr
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August Schatz & Söhne
Glasenuhr "Royal Mariner"
Baujahr ca. 1970

Diese Uhr hat ein mechanisches 8-Tage-Werk mit Schlagwerk, dass die "Glasen" schlägt. Das "Glasen" kommt aus der Christlichen Schifffahrt vom Umdrehen des Glases - eine Sanduhr mit 1/2 Stunde. Die Wachen auch der Segelschiffe waren in 4-Stunden-Wachen eingeteilt, jedes Besatzungsmitglied hatte 4 Stunden Wache und dann 8 Stunden Freiwache. Ich habe hier mal eine Tabelle eingefügt:

Zitat aus WIKIPEDIA zur Glasen

Auf Schiffen, die im Hafen liegen wird nicht geglast.

1. Tagwache (04:00 bis 08:00)
Morgenwache 1 04:00 04:30 05:00 05:30 06:00 06:30 07:00 07:30 08:00
2. Tagwache (08:00 bis 12:00)
Vormittagswache 2 08:00 08:30 09:00 09:30 10:00 10:30 11:00 11:30 12:00
3. Tagwache (12:00 bis 16:00)
Nachmittagswache 3 12:00 12:30 13:00 13:30 14:00 14:30 15:00 15:30 16:00
4. Tagwache (16:00 bis 20:00)
Plattfuß 1 16:00 16:30 17:00 17:30 18:00 18:30 19:00 19:30 20:00
1. Nachtwache (20:00 bis 24:00)
Abendwache 2 20:00 20:30 21:00 21:30 22:00 22:30 23:00 23:30 24:00
2. Nachtwache (00:00 bis 04:00)
Hunde- oder Hundswache 3 00:00 00:30 01:00 01:30 02:00 02:30 03:00 03:30 04:00

Zitat Ende

Die 1. Wache beginnt also um 04.00 Uhr mit 4 Doppelschlägen, 04.30 Uhr 1 Schlag, 05.00 Uhr 1 Doppelschlag, 05.30 Uhr 1 Doppelschlag und 1 Schlag und so weiter, bis um 08.00 Uhr wieder (die neue Wache beginnt) 4 Doppelschläge geschlagen werden.
Ein recht komplexes Schlagmuster.

Heute wird nur noch auf der Gorch Fock (Segelschulschiff der Bundesmarine) geglast, also die Glasen ( 1/2 Stunde) auf der Schiffsglocke geschlagen.

Nun aber zur Uhr selbst. Leider ist keine Marke (wie sonst bei Aug. Schatz & Soehne üblich) zum Herstellungsjahr vorhanden. Aber ca. 70 er Jahre ist an zu nehmen. Hier waren folgende Fehler zu beheben: Die Uhr hatte einen Vorgang von ca. 30 Minuten in 24 Stunden und blieb auch andauernd stehen. Das Schlagwerk ging nicht und wenn, war es sehr durcheinander.

Zu dieser Uhr nun im Besonderen: Die Gangregulierung erfolgt durch ein Echappement, das von Vorn auf dem Ziffernblatt geregelt werden kann. Ebenfalls kann durch einen Hebel bei 3 das Schlagwerk stillgesetzt werden.
Hier war jedoch soweit "Reguliert" worden, dass das Trieb der Stellwelle aus dem 1/4 Kreis des Rückezeigers entfleucht war und damit eine Regulierung unmöglich wurde. Ohne Demontage war hier nichts zu machen.

Beim öffnen des Gehäuses stellte sich heraus, dass hier wohl ein Kfz-Mechaniker zu Gange war, der einen Ölwechsel mit 10W40 gemacht hat. Auch fiel sofort die schwarze Farbe einiger Lager auf. Genauer betrachtet stellte sich heraus, dass es sich hier anscheinend um Graphitöl handelt (tödlich für jedes Uhrenlager). Jedenfalls müssen diese Lager genauer betrachtet werden, da sie eingelaufen sein können.

Wichtig bei der Demontage einer solchen Uhr ist, dass man (ich) sich die Stellung einiger (3 Stück) Räder des Schlagwerkes merkt oder diese markiert. Auch ist es sinnvoll, sich von der Hebelage des Schlagwerkes ein Bild zu machen. Dann fällt der Zusammenbau wesentlich leichter. Und ganz wichtig: Die Räder vom Gangwerk und Schlagwerk getrennt aufbewahren. Sonst wird die Probiererei beim Zusammenbau recht nervig.

Nach der Demontage die übliche Reinigung im Ultraschallbad, Überprüfung der Zapfen (alle in Ordnung) und Lager (eines außer Toleranz). Dieses Lager wurde wieder verengt und mit einer Reibahle auf Maß gebracht. Die Zapfen der Wellen mit dem Polierholz auf Hochglanz gebracht und dann wieder alles zusammen gefügt.

Das Schlagwerk will ich etwas genauer beschreiben: Es ist ein Rechenschlagwerk. Aber die Staffelscheibe ist so gestaltet, dass die 12 Stunden in 3 Abschnitte unterteilt sind. Die Besonderheit dabei ist noch, dass z.B. bei 3 Uhr drei Doppelschläge geschlagen werden, bei 1/2 4 Uhr aber drei Doppelschläge und ein halber Doppelschlag. Also muss die Staffelscheibe immer um 1/2 schon eine Ebene auf der Staffelscheibe weiter sein. Für diesen "halben" Doppelschlag ist ein besonderes Hebelwerk zuständig, dass über eine weitere Staffelscheibe auf der Minutenwelle gesteuert wird. Auch die Position dieser Scheibe ist wichtig für das korrekte Schlagen. Das ist zu beachten. Ebenfalls wichtig ist, dass der Hebel zum Stoppen des Schlagwerkes und der Schöpfer in einem bestimmten Verhältnis zueinander stehen müssen, sowie das Sternrad nicht schon den Hammerhebel anhebt, wenn der Freilauf beendet ist.

Nach der Justage des Schlagwerkes, die wurde noch ohne Echappement durchgeführt, konnte jetzt dieses eingebaut werden. Die Lager wurden mit Uhrenöl geölt und der Testlauf konnte beginnen. Es war alles zu meiner Zufriedenheit.

Abschließend wurde das Werk in das Gehäuse eingesetzt und jetzt hängt sie wieder an der Wand zur Feinjustage des Ganges.

Die Zeit ist absehbar, wann meine Nachbarn vor den Glasenschlägen der Uhr wieder Ruhe haben werden. Demnächst geht sie wieder zu ihrer Besitzerin zurück..

 

Die "Hebelage" unter dem Ziffernblatt

Schöpfer und Echappement

Echappement mit Rückehebel

Echappement

Die Bildmarken Aug. Schatz & Soehne und das Kaliber

Werk ohne hintere Platine

Teile zum Reinigen

Teile

Die Platinen

Das Lager außer Toleranz

Die Staffelscheibe

Schlagwerk justiert

Echappement wieder eingebaut

Draufsicht

Das Werk im Gehäuse

So hängt sie jetzt an der Wand

 

 

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Stand: 02.09.18

(c) Rolf-Dieter Reichert 2018