Neckermann WPR 9666 W aus 1953
   
Home
Nach oben
GRUNDIG 4097 Stereo
GREINER Zeitwaage
Phillips Pallas
Poliermotor Nr. 139
Neckermann WPR 9666 W aus 1953

 

 

 

Neckermann WPR 9666 W, Hersteller
AWB (Apparate Werk Bayern) 1953

 Hier etwas zur Geschichte der Entstehung dieses Radios:

 

Diese "Aufgabe" ist das Resultat eines Sprachfehlers! 

Das Gerät wurde im Jahr 1953 bei den AWB - Apparate Werke Bayern - in Dachau in den ehemaligen Baracken des KZ Dachau hergestellt. Ich war damals "schon" 10 Jahre alt! Die Firma Neckermann wollte diesen Typ WPR 9666 W (mit Plattenspieler) und andere Modelle in den Versandkatalog des Jahres 1953 aufnehmen. Beide, der Hersteller AWB und der Versender Neckermann waren von der Resonanz der Käufer überrascht. Trotz des für damalige Zeit hohen Preises, das WPR 9666 W kostete 274,- DM, wurde es zu einem Renner aus dem Katalog. AWB konnte wohl die gewünschten Stückzahlen und die Modellpalette nicht umsetzen und so sah sich Neckermann nach einem anderen Hersteller um. Es wurde die Firma KÖRTING, die in Zukunft die Radios, Plattenspieler, Tonbadgeräte, etc. und auch Fernsehgeräte für Neckermann herstellte. AWB musste daraufhin Insolvenz anmelden.

Ps. Die Nummer, unter der man das Radio im Katalog von 1953 finden kann ist 112/10.

Ein älterer Herr stellte dieses Radio beim Repair-Café vor. Es sei kaputt. Ob wir da was machen könnten???

Alle Menschen, die sich beim Repair-Café engagieren, leiden auch unter demselben Sprachfehler. NEIN gibt es nicht und „Wir schauen mal…“ kommt stattdessen immer! Also auch ich, und so landete das gute alte Stück auf meinem Tisch zu Hause.

Solche alten Geräte können fast nie direkt vor Ort in 1 – 3 Stunden wieder hergestellt werden. Denn als Erstes muss immer der Staub von Jahrzehnten mit Druckluft entfernt werden, damit man ohne der Gefahr einer Silikose ausgesetzt zu sein, das Innere untersuchen kann. Dann braucht man eine Schaltung, hier hilft meist das Internet. Dann das Chassis aus dem Gehäuse nehmen – da müssen einige Verkabelungen gelöst werden, Rahmenantenne (UKW-Dipol), Lautsprecher und in diesem Fall noch die Anschlüsse zum Plattenspieler – über den berichte ich dann gesondert, denn dieser hier ist definitiv Schrott -. Das Zweite kommt sofort: Die Röhren entnehmen und auf einem Röhrenprüfgerät prüfen. Bei mir wird das durch ein fast so altes „EURATELE Köln“ erledigt. Das hat bei mir auch schon Jahrzehnte verbracht, wir sind zusammen alt geworden 😁.

Das Radio ist mit 6 Röhren ausgestattet: ECC81, ECH81, EF41, EABC80, EL41 und als Abstimmanzeige eine EM34.

So. Also im UKW-Teil steckte schon mal eine falsche Röhre! ECC85 statt der vom Hersteller verbauten ECC81. Die ECC81 gab mein Fundus leider nicht her, dass Internet macht es aber möglich. Lieferung sollte in 5 Tagen erledigt sein. Die Prüfungen nun mit folgendem Ergebnis: ECH81 = Triode gut, Hexode gut. EF41 = Pentode schlecht (siehe Bild) muss ersetzt werden, EABC80 = alle drei Dioden gut, ebenso die Triode, EL41 = Endpentode gut. Die Abstimmanzeige EM34 leuchte noch. Da werde ich keinen Ersatz brauchen. Die Netzsicherung 0,5A T ist auch durch und der Sicherungshalter braucht eine „Entkorodierung“! Eine Skalenlampe ist auch defekt, der Fundus gibt es her.

Als Nächstes das Teil an den Regeltrenn (das wichtigste Werkzeug für die Reparatur solch alter Geräte) bei ca. 50 Volt eingeschaltet und die Messgeräte zur Leistungsmessung beobachtet. Bei 50 Volt war die Aufnahme ca. 150 mA, fallend! Spannung langsam hochgeregelt und mit dem Zweitwichtigsten, meinem alten GOULD-Zweikanal die Spannungen nach der Gleichrichtung beobachtet: am ersten Elko 50µF steigende Spannung, aber am zweiten 50µF nix. Da stimmt wohl etwas nicht, oder? Den Lastwiderstand zur Spannungsversorgung gemessen. Statt des angegebenen Widerstandes von 1,3 k messe ich Unendlich. Hm. So kann da nichts gehen. Im Fundus geschaut und keinen 1,3 k mit 5 Watt gefunden, aber 2 x 2,4 k 3W parallel machen es auch. Gesagt, getan und wieder langsam hoch geregelt, zwischendurch mal nen Kaffee, denn diese Reanimation alter Elkos will Weile haben, sonst „Wenn im Gerät der Rauch aufsteigt, sich der Fehler auch gleich zeigt…“.

Nach angemessener Gewöhnungsphase dann die Spannungen überprüft: Brumm liegt bei 2mV auf der Anodenspannung von 255 Volt. Sonst alle Spannungen auch im grünen Bereich. Lautstärkeregler langsam Aufgedreht und Testhalber mal den Phono-Eingang mit nem Schraubendreher berührt: Der Lautsprechen Brumm, dass die Scheiben klirren! Prima.

Das bis jetzt kein Sender empfangen werden kann, liegt bei UKW an der falschen Doppeltriode. Und im MW und LW – Bereich auch an der schlechten EF41. Sonst bis hier hin schon mal recht gut. Morgen geht es weiter!

Die Grobreinigung hatte ich ja schon gemacht. Aber das reichte natürlich nicht. Also in der Küche das Chassis ausgebaut und in der Garage – da steht mein kleiner Kompressor – ausgeblasen und somit vom Staub der Jahrzehnte befreit.

Und dann den Fehler aller (na ja, FAST) Anfänger gemacht, erst mal Saft draufgeben. Aber das habe ich ja schon im ersten Bericht beschrieben, welchen Fehler ich da feststellen musste, auch das Ersetzen des Widerstandes habe ich beschrieben, kein Hexenwerk. Da ein deutlicher Brumm beim Aufdrehen des Lautstärkereglers zu hören war, aus Faulheit einfach mal einen 50µF 400V parallel zum ersten 50µF Siebkondenser geschaltet. Und siehe da, das Brumm war fast weg.

Nach Durchkurbeln MW eigentlich nur Störgeräusche, aber das bin ich bei mir hier im Bayerischen Outback gewohnt. MW is nich. LW gleiches Ergebnis und UKW auch nichts. Also mein altes EURATELE ausgegraben und die Röhren geprüft, wie ja auch schon im ersten Teil beschrieben. Das Problem lag wohl bei einer sehr schlechten EF41. Alle anderen waren noch gut oder sehr gut.

Die EF41 ersetzt (hatte ich noch im Fundus) und siehe da, nicht nur Störgeräusche auf MW, es schien so, als wenn da hin- und wieder ein Sender… LW auch so. UKW = tot. Irgendwie bin ich dann mit einem Schraubendreher an die ECH81 gekommen und die hat wie ein Mikro reagiert. Auch war beim klopfen ein Rauschen bei UKW zu hören. Also die ECH81 nochmal aufs Euratele, beide Systeme gut. Hier kam nun unser „Radiobastler“ Martin mit ins Spiel. Die Röhre zu ihm geschickt und ein paar Tage später dann „die Röhre ist defekt…“. Martin hat mir die Röhre wieder zurückgeschickt. Danke nochmal. Hat sehr geholfen 👍

In der Zwischenzeit habe ich mir in der Bucht zwei ECH81 (ein Posten) neue Russische bestellt und ausprobiert. Und siehe da, UKW gibt Töne von sich. Mit einem Stück Draht als Antenne den Sender Antenne 1 recht deutlich empfangen. Zum Test wieder die defekte ECH81 rein und – nix!

Nachdem nun ein Empfang einigermaßen da war, kommt jetzt die Faulheit wieder zum Tragen. Endlich mal nachgedacht und mit meinem Vielfach die Spannungen gemessen. Gleich am ersten Kondensator im Netzteil statt der ausgewiesenen 260 Volt nur so um die 175. Da stimmt was nicht. Fazit: Der Selengleichrichter AEG B250 C75 hat in einer Strecke wohl durchgeschlagen. Daher auch der verbrannte Drahtwiederstand 1,3k! Also hier erst mal eine Baustelle aufgemacht. Den Gleichrichter habe ich drin gelassen, sieht nach Original aus. Auch den alten Becher 2 x 50 µF 375 Volt habe ich so gelassen, wie er war. Als Brückengleichrichter habe ich eine Si-Brücke 600 V 4 A eingebaut (kleiner hatte ich nicht da) und anstelle des ersten Siebkondensators nun einen 50µF 400 Volt einfach parallelgeschaltet. Nach dieser Transplantation waren die Spannungen um einiges besser: Am 1. Elko jetzt 260 Volt. Das sollte nun passen. Hätte ich gleich… Na ja. Rentner haben ja Zeit, oder?

Jetzt ist UKW wieder gut hörbar, in meiner Diaspora so um die 7 Sender! Nachdenklich macht mich allerdings die mangelhafte Lautstärke. Werkstattlautstärke ist erst bei zu 4/5 aufgedrehtem Lautstärke Regler erreicht. Das ist eindeutig zu wenig. Also weitersuchen.

Und nun sieht man auch das Ergebnis meiner Sucherei. Diverse alte Teerkondensatoren, von denen allerdings nur einer definitiv defekt (1nF statt der aufgedruckten 25nF) war. Allerdings hatte das mit der mangelhaften Lautstärke nichts zu tun. Hier war der Schuldige auch schnell gefunden: der Katodenkondensator der EL41 hat 0,00 µF! zum Glück aber kein Kurzschluss. Den ersetzt und schon war der Ton um Einiges kräftiger. Auch die Klangregelung klappt bestens. Aber die „Schwarzen“ habe ich fast alle ersetzt. Das Radio soll ja nach mir noch etwas funktionieren, oder?

In der Zwischenzeit – immer, wenn ich keine Lust mehr hatte – die Glasskala vorsichtig mit Pril und warmen Wasser gereinigt, die Knöpfe auch vom Schmodder der Jahrzehnte befreit und zusammengebaut.

Jetzt wird noch das Gehäuse etwas auf Vordermann gebracht und der nächste Bericht hier wird dann der AWB-Plattenspieler sein.

So, also das Drehdingensda. Nach abheben des Plattentellers (ich hatte den nochnienich eingeschaltet) gleich die ersten Brocken, die mir da entgegenfielen: Gummi- oder Kunststoffteile, die sich gedacht haben „ich zerfalle einfach mal…“. Als erste waren das die Schwingungspuffer (3 Stück) auf denen der Plattenspieler gelagert war. Und dann – ganz übel – die Gummipuffer des Motors. Hier hieß es, das Netz befragen, was es so gibt. In Berlin fündig geworden. Die Gummipuffer für die Lagerung des Spielers waren einfach. Höhe ausmessen, bestellen. Problematischer waren da die Motorlager. Die waren so zerfallen, das eigentlich nur eine Grobschätzung möglich war. So um die 11 mm Höhe sollten die haben. Weniger könnte ich mit Scheiben ausgleichen, mehr sollten die Dinger nicht haben. Also auch bestellt. Nach Lieferung einen Sichtanpassung: Könnte so passen.

Schrauben, Muttern und Gewindestangen zum Ablängen sind immer in meinem Fundus als Uhrenbastler vorhanden. Also die notwendigen Kleinteile zusammengestellt und … das ganze Ding erstmal auf die „Lange Bank“ geschoben. Anderes war scheint's wichtiger!

Dann Anfang der letzten Woche endlich wieder an den Plattenspieler. Den Tonarm hatte ich ja wieder mit Nitroverdünner und UV-Kleber zusammengeleimt, jetzt wurde er gespachtelt, geschliffen und aus der Sprühdose neu Lackiert. Gott sei Dank spielten die Temperaturen mit und mein Machwerk „Lackierung“ ist ganz gut gelungen. Nicht so gut ist mir der Ersatz-Tonabnehmer gelungen. Als einzige Alternative zum total zerstörten Original bot sich nur ein Nachbau des Telefunken T 25 / 2 Tonabnehmer System mit Nadel - Kristall – an. Der war günstig und Kristall. Sollte nach Anpassung vielleicht auch funktionieren. Nun, unter Beibehaltung der Hülle des alten Systems das neue angepasst. Naja. Sollte funktionieren, wenn wohl auch nicht bei 78ern. Aber schaun mer mol, wie der Bastler aus Bayern so sagt, gelle 🤣.

Alles an Mechanik zerlegt, gründlich gereinigt Rost, wo es ging auch entfernt (auch den Netzschalter nach Rezept „Anton“ zerlegt und gereinigt und eine Bruchstelle versorgt (Pattex-Kraftkleber und Pertinax haben es gerichtet). Dabei den Verlustigen Schalthebel der Umdrehungsregelung über die Andruckscheibe und Stufenwelle ersetzt. Dann diverses Anpassen des Gehäuse-Oberteils mit den erforderlichen Nacharbeiten (die Stützen, durch die die Halteschrauben geführt sind, waren alle gebrochen und mussten aufwändig stabilisiert werden),

Dann das Reibrad unter die Lupe genommen: Eine Schadstelle war nicht zu übersehen und vom Stehen war auch eine Delle im Gummi, der aber sonst erstaunlich gut in Schuss war. Gute deutsche Wertarbeit eben. Nach Überarbeitung der Lauffläche drehte sich der Teller wieder. Jetzt noch die Gangschaltung an das Gehäuse anpassen und das Ding sollte wieder Töne von sich geben, dachte ich.

Denke nie, Du denkst! Denn das Denken der Gedanke ist oft gedankenloses denken. Bei mir auch.

Die Justagen der Verstellung und besonders der Endabschaltung brauchten – mit Erholungspausen – so um die 8 Tage, bis es zu meiner Zufriedenheit funktionierte, 33er, 45er und  - 78er ohne Ton - schalten nun nach erreichen der Endposition auch ab. Nur die Geschwindigkeit der 33er lässt zu wünschen übrig und ich weiß nicht, woran es liegt. 45er hören sich gut an, 33er sind definitiv zu langsam. Da muss ich wohl nochmal ran. Aber wo??? Durchmesser der 33er Stufe vergrößern? Aber wie?

Habt Ihr hier eine Idee??? 😪

So, aber jetzt noch die letzten Bilder und ein kleines Video

 


Das Radio, wie es aussieht


Auf dem Gehäuse die Firmenmarke "AWB"


Den hat es ganz schön gebeutelt. Schaun mer mol!


Der Antrieb. Der Motor ist ein selbstanlaufender Synchron-Motor


Im Schaltplan nicht vorhanden, aber doch da...


Tonarmtetris


Geschwindigkeitsumschaltung durch Reibrad und Staffelwelle


Wiederaufbau nach der Reinigung


Der Antrieb des Tellers. Der Motor ist oben offen, damit der Antriebsriemen bei Bedarf einfach gewechselt werden kann.


Die der Zeit zum Opfer gefallenen Gummipuffer am Motor. Ersatz war recht schwierig.


Hier kommt mal der Plattenspieler rein...


Die Rückwand des WPR


Der geklebte Tonarm. Nitroverdünnung war das Mittel meiner Wahl und die Innenseite noch UV-Kleber.


Es geht ans Eingemachte: Die Messungen der Komponenten und so weiter.


UKW-Tuner, das unbekannte Wesen. Probleme mit falscher Röhre.


Diverse Kondensatoren müssen ersetzt werden.


Die Prüfung der EF41 für die ZF-Verstärkung. Das Messergebnis = schlecht.


Nach dem Ersetzen wenigstens auf MW und LW Töne


Diese ECH81 hat einen Feinschluss. Der hat den Ausgang der UKW-ZF einfach kurzgeschlossen. Warten auf Neulieferung!


In der Zwischenzeit das Gehäuse etwas mit Politur auf Vordermann gebracht. Es hat sich gelohnt!


Tonarm (wieder zusammen) und das defekte Tonabnehmer-System


Alte Teerkondensatoren. Die werde ich profilaktisch alle ersetzen.


Die Hälfte der Ausbeute.


Hier sind ander Bauteile ersetz. Z.B. der Gleichrichter und die Siebelkos


Jetzt kann man (Ich) schon eher von Tönnen sprechen - Äh hören!


Test und UKW hört sich gut an...


Mein wichtigstes Arbeitszeug: Die Stromschublade. Hier ist ein Regeltrenn verbaut. Von o bis 264 Volt, galvanisch vom Netz getrennt. LEBENSWICHTIG!


SAus den Fundus eine wichtige Abschirmung für die Röhre EABC80


Jetzt geht es wieder an den Plattenspieler.


Das Reibrad mit der Schadstelle. Die konnte ich aber Abschleifen, ohne das Rad weiter zu beschädigen. UND: es ist noch der originale Gummi aus 1953!


Der Abtrieb ist komplett, die Justagen waren Langwierig!!!


Die Teile des Tonabnehmers. Sie müssen noch zusammengebaut werden.


Das Ersatzsystem, ein Nachbau des TFK Kristall. Es funktioniert aber nicht mit alten 78ern


Und hier mein Tonarm. Geklebt, gespachtelt, geschliffen und Lackiert.


Katalogbild Neckermann 1953


So siht das Radio mit der großen Klappe jetzt aus. Ich hoffe, der Besitzer ist mit der Arbeit zufrieden.

 

 

 

Home | GRUNDIG 4097 Stereo | GREINER Zeitwaage | Phillips Pallas | Poliermotor Nr. 139 | Neckermann WPR 9666 W aus 1953

Stand: 20.08.25

(c) Rolf-Dieter Reichert 2010