Junghans Astro Chron 38/0003
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Eine ganz besondere Uhr
 

Auf diese Uhr habe ich schon lange "Gelauert". Es ist die erste kommerzielle Quarzuhr, 1967 mit großem Tamtam von Junghans / Diehl der Presse und der Öffentlichkeit vorgestellt.

Die Junghans Astro-Chron Modell 38/0003 

Eigentlich wurde ja das Modell 38/0001 vorgestellt, aber die 2 weitern Modelle sind - bis auf das Gehäuse -, identisch im Werk-Aufbau.

Die Werbung dazu

Von dieser Uhr gibt es drei Modelle: 38/0001, 0003 und 0004. Mein Modell ist eine 38/0003. Quadratisches Gehäuse, vergoldete Lünette und blaue Steine als Indizes. Alle Modelle waren Limitiert, meines hat die Nummer 05975.
Das Gehäuse ist aus Messing, wiegt ca. 3,8 kg und ist aus einzelnen Teilen zusammengeschraubt. Das Werk besteht aus 4 Baugruppen: Dem Oszillator, der Frequenzteiler, dem elektromechanischem Wandler und der Batterie. Alles ist auf einer Grundplatte aus Pertinax mit gedruckter Schaltung aufgebaut und für alle drei Modelle gleich.

Der Oszillator besteht aus einem Biegeschwinger mit 12,8 kHz, der in einem Glaskolben mit Röhrensockel sitzt. Der Quarz ist aber nicht gesteckt, sondern an den Anschlussstiften verlötet. Als Oszillator ist ein Flip-Flop mit diskreten Bauteilen und Spule mit E-Kern aufgebaut.

Die Teilerstufen, 10 Stück an der Zahl, teilen die 12,8 kHz des Oszillators im Faktor 1024/1. Endfrequenz ist also 12,5 Hz. 8 Teilerstufen sind identisch aufgebaut, bei den ersten zwei Stufen sind Widerstände und Kondensatoren wegen der höheren Frequenz mit etwas anderen Werten verbaut.

Der elektromechanische Wandler besteht aus dem Werk W611 aus der Junghans Astro-Vox. Für die Astro-Chron wurde die Elektronik geändert und der Käfig der Unruhe erhielt zu Sekundengenauen Start noch einen Start-Stopp-Hebel. Das Werk heißt jetzt W610!

Die vierte Baugruppe ist die Batterie. Verwendet wird eine Zelle mit 1,5 Volt LR20 o.Ä.. Junghans hat eine kurze Reparaturanleitung für diese Modelle heraus gegeben. Dort wird kurz und bündig beschrieben, was bei einem Fehler an einem dieser Astro-Chron Modelle zu machen ist: Bis auf Spannungsprüfung und neue Batterie einsetzten, nichts! Das Werk sollte (durfte) von keinem Uhrmacher repariert werden, sondern musste immer ins Werk eingeschickt werden.

Nun ja, das ist heute natürlich überholt. Es gibt keinen Service mehr für diese Werke. Man(n) ist auf sich selbst angewiesen. Und eigentlich - die nötigen Messinstrumente und Werkzeuge samt Wissen vorausgesetzt - geht das auch. Der Oszillator und die Teilerstufen sind auch für einen Laien der Elektronik leicht zu verstehen und daher auch zu reparieren. Durch den diskreten Aufbau gibt es auch keine Probleme mit der Beschaffung der Bauteile. Standard eben. Und deswegen geht da auch nichts kaputt. Lediglich die beiden unterschiedlichen Teiler sollten nicht verwechselt werden. sonst kann es zu fehlerhaften Ergebnissen führen, muss aber nicht.

Sehr problematisch ist allerdings der mechanische Wandler. Diese Bezeichnung - nicht etwa profan Uhrwerk - hat schon sein Berechtigung. Kurze Erklärung: Die Arbeitsfrequenz von 12,5 Hz steuert den Transistor der kleinen Elektronik im Wandler an. die Spulen erzeugen ein Wechselfeld in der Frequenz 12,5 Hz und die wirken auf die Unruhe mit zwei Permanentmagneten. Die Crux ist, dass die Spirale GENAU auf die zu erzeugende Amplitude eingestellt (Ansteckpunkt und Abfallfehler) sein muss und das geht nur mit speziellen Messgeräten (Zeitwaage geht nicht!), die heute sicher niemand mehr hat. Das manuelle Justieren geht natürlich auch, aber es ist nervenaufreibend und sehr langwierig. Auch daher steht in der Reparaturanleitung: Der Rücker im Wandler ist versiegelt und DARF nicht verstellt werden, das Werk muss eingeschickt werden!
Der Gang - er kann sich in geringen Werten verändern durch dir Alterung des Quarzes - kann nur über den Trimmer auf der Grundplatine neben dem Wandler justiert werden. Aber schon dafür sollte in der Werkstatt ein geeichter und genauer Frequenzzähler vorhanden sein.

Nun meine Uhr. Ich habe sie durch Zufall - ein blindes Huhn findet auch mal ein Körnchen - im Netz entdeckt und sofort kontakt mit dem Verkäufer aufgenommen, Wir sind und Handelseinig geworden und weil ich der Post bei solchen Sendungen lieber nicht vertraue, habe ich die Uhr abgeholt und dabei auch gleich ein sehr nette Familie kennen gelernt. Hier nochmal einen lieben Gruß aus der Oberpfalz ☘
Allerding lief die Uhr nicht. Aber das war auch so gesagt worden. Was hatte sie nun für ein Problem? Also als Erstes war die Oszillatorspule (Kleiner Eisenkern) von der Oszi-Platine abgefallen, er war nur geklebt. Das war kein großes Problemchen, waren dort noch kurze Drähte der Spule vorhanden. Also Schaltdraht 1 mm da ein gelötet, wo die Drähte mit der Schaltung verbunden waren, an diese die Restdrähte angelötet, den Kern mit Montagekleber extrastrak wieder aufgepappt und nach Austrocknung der Test: Prima, Oszillator Oszilliert, Teiler teilt und Wandler will wandeln. Tut er aber nicht so richtig! Der Sekundenzeigermeint er müsste die stehengebliebene Zeit einholen: 1 Minute (eine Umdrehung auf den Zifferblatt) absolviert er in 1/4 der Zeit. 

Da die Frequenz stimmte, musste der Fehler jetzt in der Mechanik des Wandlers gesucht werden.
Den Wandler also erstmal unter die Lupe genommen und die einzelnen Teile identifiziert. Nach einigem suchen dann der Fehler: An der Unruhe, untere Scheibe, ist auf der Unterseite eine kleine Feder angebracht mit einer sehr wichtigen Funktion. Sie greift bei jeder Schwingung 1 Mal in des Fortschaltrad des Wandlers und bewegt so das Werk weiter. Nun, nach genauerem (der Unruhkäfig, ein zum Glück komplette, vernietete Baueinheit, musste dazu heraus genommen werden), war der Fehler auch zu sehen. Die Feder war an der Schaltkante stark eingelaufen, der Abrieb fand sich als Rost auf der Platine des W610, und dadurch wurde das Schaltrad um zwei bis drei Zähne weiter bewegt. Schnellauf war die Folge.

Trotz intensiver Betrachtung und Studium der entsprechenden Reparaturanleitungen war / ist kein Hinweis zu finden, ob und wenn ja, wie diese kleine Feder zu ersetzen sei "Einschicken???!!!" Nach einigem Hin- und her und negativen Bescheiden bei Freunden und Helfern nachgedacht und im hintersten Eck der grauen Zellen "...Du (ich) hast doch mal Junghans Ersatzteile gekauft. Guck doch da mal... " Und tatsächlich, original verpackt eben eine Unruh mit den Magneten und intakten Trompeten-Zapfen (diese Unruh läuft in Steinen!)

Also, die Schwierigkeiten mit dem Wandler habe ich ja oben schon ausführlich geschildert. Daher besser einen befreundeten Uhrmacher gefragt, ob er vielleicht... Na ja, war wohl nix. Aber dann zeichnete sich doch eine Lösung ab. Mei Rettungsanker in schwierigen Fällen - ich bin ja nur ein Hobby-Schrauber in Sachen Großuhren - ist die Werkstätte Uhren und Schmuck in Regensburg. Den Erich Gerlach angeschrieben und ... Er hat so ein komplettes Werk mit allem drum und dran! Wir sind und schnell handelseinig geworden und ich habe mal wieder die Hauptstadt der Oberpfalz besucht.

Das neue alte Werk in das Gehäuse eingebaut, Batterie rein und MEINE Astro-Chron läuft.
Heute sind nach der Transplantation genau 12 Wochen vergangen und die Astro-Chron ist genau so genau, wie in der Werbung beschrieben. Die Astro-Chron zeigt zu einer Funkuhr eine Abweichung von 1 Sekunde! Und das Ohne DCF-77.

 

Sie hat ihren Platz gefunden. Immer im Blick.

Lange nach gesucht und gefunden

Das komplette Werk der Astro-Chron.

Im Gehäuse Model 38/0003

38/0003 nur etwas angestaubt. Na ja, ist halt Baujahr 1967, oder?

Da hat sich die Oszillatorspule verselbstständigt.

Ich bin stolz auf mich (´`)

Der hintere Deckel mit Serien-Nummer und Bezeichnung.

Die Seriennummer meiner Uhr.

Hier die Unruhe des Werkes W610.

Der Käfig mit Unruhe als komplette Einheit.

Und hier das Problem, die eingelaufene Schaltfeder.

 

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(c) Rolf-Dieter Reichert, Stand: 13.04.25