Aug. Schatz Royal Mariner Kaliber 39
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Meine Royal Mariner Kal. 39
 


Revision einer August Schatz & Söhne Glasenuhr "Royal Mariner" Kaliber 39
Baujahr ca. 1986

Eigentlich suchte ich nur ein Paar Zeiger für diese spezielle Bauform einer Glasenuhr. Beim Stöbern im Netz habe ich dann diese hier gefunden und gedacht, na biete mal, vielleicht wird es ja was. Und es wurde was. Statt der Zeiger eine komplette Uhr!

Aber warum nur Zeiger? Na ja, ich hatte ein Werk zur Revision. Die Besitzerin hat mir das Werk und die Zeiger (in einer Tüte im Karton voller Zeitungspapier) geschickt. Und da ich nicht drauf geachtet habe (wer wühlt denn auch in alten Zeitungen???), ging halt der Zeigersatz ins Altpapier. Und als der Fehler bemerkt wurde, war es zu spät.

So kam ich als zu meiner zurzeit 2. Glasenuhr (ohne Zeiger, dazu dann weiter unten etwas).
 

August Schatz & Söhne, Ships Bell, 8 Day, 7 Jewels, Kaliber 39. Eigentlich im Gehäuse der Aug. Schatz & Söhne „Ships Bell“ eingebaut, aber hier im großen Gehäuse der „Royal Mariner“. Zum Kaliber 39 noch einige Zeilen weiter unten. Sehr interessante Geschichte! Fast wie ein Roman.

Bitte die Glasenuhr NIE mit den Schiffschronometern verwechseln. Beide hatten unterschiedliche Aufgaben: Das Schiffschronometer war (vor GPS) für die Kursberechnung Lebensnotwendig und war daher meist in der Kapitäns-Kajüte untergebracht, während die Glasenuhr für das geregelte Leben auf dem Schiff zuständig war. Als dritte Schiffsuhr gibt es dann noch die „Tidenuhr“, eine Uhr, die für einen bestimmten Küstenbereich die Wechsel von Ebbe und Flut auf dem Ziffernblatt zeigte. 

Etwas zu Glasenuhren vorab.

Glasenuhren sind Schiffsuhren, also Uhren, die vornehmlich auf Schiffen Verwendung fanden und daher niemals Pendel hatten. Als Gangregler ist immer eine Unruh erforderlich, denn diesem Gangregler macht das Schwanken eines Schiffes kaum etwas aus. Pendeluhren würden sehr schnell ihren Dienst versagen. Die Glasenuhren waren die Nachfolger der „Glasen“ – der ½-Stunden-Sanduhren.

Wie ja auch Landratten bekannt ist, wurden auf den Schiffen der Christlichen Seefahrt 6 Wachen über die 24 Stunden gehalten. Das heißt, alle 4 Stunden waren Wachwechsel und die nächste Mannschaft musste antreten. In die so leer gewordenen Kojen schlüpften dann die Seeleute, deren Wache gerade geendet hat. 

Wie wurde also so eine Uhr eingesetzt?
Die Glasen (Sanduhr) musste vom Wachhabenden alle ½ Stunde umgedreht werden. Um der Mannschaft dies mit zu teilen, wurde die Schiffsglocke geschlagen. Jedes Umdrehen der Sanduhr wurde als „Glasen“ bezeichnet. Die Vollen Stunden waren immer gerade „Glasen“ und die ½ Stunde die Anzahl der Vollen Stunde + 1 Glasen, also ungerade. Und zwar in folgendem Ablauf: 

Zitat aus WIKIPEDIA:

Wache

Crew

Glasenschläge - Rhythmus - Uhrzeit

8

1

2

3

4

5

6

7

8

.. .. .. ..

.

..

.. .

.. ..

.. .. .

.. .. ..

.. .. .. .

.. .. .. ..

1. Tagwache (04:00 bis 08:00)
Morgenwache

1

04:00

04:30

05:00

05:30

06:00

06:30

07:00

07:30

08:00

2. Tagwache (08:00 bis 12:00)
Vormittagswache

2

08:00

08:30

09:00

09:30

10:00

10:30

11:00

11:30

12:00

3. Tagwache (12:00 bis 16:00)
Nachmittagswache

3

12:00

12:30

13:00

13:30

14:00

14:30

15:00

15:30

16:00

4. Tagwache (16:00 bis 20:00)
Plattfußwache

1

16:00

16:30

17:00

17:30

18:00

18:30

19:00

19:30

20:00

1. Nachtwache (20:00 bis 24:00)
Abendwache

2

20:00

20:30

21:00

21:30

22:00

22:30

23:00

23:30

24:00

2. Nachtwache (00:00 bis 04:00)
Hunde- oder Hundswache

3

00:00

00:30

01:00

01:30

02:00

02:30

03:00

03:30

04:00

 

Also bei 8 „Glasen“ ist der Wachbeginn, dann geht es weiter mit 1 Glasen, 2 Glasen, 3 Glasen, usw. Bei 8 Glasen dann wieder Wachwechsel, die nächste Crew trat den Dienst an. 

Die „Glasen“ werden heute nur noch auf dem Segelschulschiff „Gorch Fock“ geschlagen, aus alter Tradition.

Im Hafen wurde nie „Geglast“. Es gab ja die Kirchturmuhren, die die Zeit angaben. 

Aber jetzt wieder zurück zur Glasenuhr. Ihr könnt Euch an Hand der Tabelle sicher vorstellen, dass der Glasenschlag ein besonderes Schlagwerk in der Uhr voraussetzt. 

Im Prinzip ist hier ein Rechnenschlagwerk verbaut. Unterschiedlich sind folgende Teile:

1.)    Der Auslöser. Bei normalen Schlagwerken ist der Nocken für den ½ Stundenschlag etwas Kürzer wie der des Stundenschlags, damit der Stopphebel des Rechens nicht voll ausgehoben wird. Hier sind beide Nocken gleich lang.

2.)    Die Staffelscheibe ist in 3 Segmente á 4 Staffeln aufgeteilt.

3.)    Eine sinnvolle Hebelanordnung kommt noch dazu, um den 2. Glasenschlag bei ½ zu verhindern.

4.)    Das Hebnägelrad (Sternrad) hat Hebnägel (Zacken) in einer Anordnung je 2 Hebnägel kurz hinter einander, dass erzeugt den Doppelschlag.

 

Jetzt aber zur Uhr. Ich sagte ja schon, Hersteller ist August Schatz & Söhne. Und dazu gleich etwas Verwirrendes

Aug. Schatz & Söhne hatte die Fabrik in Triberg / Schwarzwald. Ein Sohn von August Schatz, Carl Schatz, er hatte die Englische Staatsbürgerschaft und hatte in England eine Uhrenfabrik gegründet. Mitarbeiter rekrutierte Carl aus der Insolventen BADUF (Badische Uhrenfabriken) in Gütenbach, von wo er aus der Konkursmasse auch etliche Maschinen nach England holte. Auf Grund der Weltwirtschaftskrise (seine Firma in England florierte nicht so richtig) bot nun die Gemeinde Gütenbach dem Carl Schatz die Gebäude der ehem. BADUF an. Carl gründete 1934 die GUFA. Die Firma war aber auf August Schatz und Rudolf Heim ins Handelsregister eingetragen.

Ab ca. 1958 begann bei der GUFA die Produktion der Glasenuhren für Aug. Schatz & Söhne. Ebenfalls wurden in Gütenbach auch Thermometer und Barometer gebaut und ebenfalls unter dem Namen „Schatz“ vertrieben. Daher gibt es komplette Zusammenstellungen – Glasenuhr, Barometer und Thermometer als Einheit. Dieser Uhrentyp und die komplette Einheit kamen beim Publikum gut an.
1980 wurde die GUFA komplett an Aug. Schatz & Söhne in Triberg verkauft, aber es wurde weiter in Gütenbach produziert, unter anderem jetzt auch Jahresuhren. Es ist sehr schwer, fest zu stellen, welche „Schatz-Uhr nun wo gebaut wurde. Auch wurden dann in Gütenbach Jahresuhren unter GUFA vertrieben und eigene Batteriewerke etc. entwickelt.
1986 musste die Jahresuhrenfabrik Konkurs anmelden und die Produktion der Glasenuhren in Gütenbach ging an die Firma KUNDO, die mit 55 Mitarbeitern die Produktion der Glasenuhren weiter betrieb, unter dem Namen „Schatz“!

Diese Ausführungen oben stammen zum Teil aus dem Buch
„Lexikon der Deutschen Uhrenindustrie 1850 – 1980 Band 2“
 von Hans-Heinrich Schmid.

Mir sind bis dato 4 unterschiedliche Kaliber dieser Glasenuhren bekannt:

1.)    Royal Mariner mit dem Kaliber SCH, wahrscheinlich in Triberg gebaut (erste Variante mit zwei Hämmern)

2.)  Kaliber SCH, aber jetzt nur noch mit einem Hammer. Das Heberad wurde entsprechen geändert.

3.)    Ships Bell (GUFA noch unter Schatz) mit dem Kaliber SCHM

4.)    Ships Bell (in Gütenbach unter der Regie von KUNDO) Kaliber 39 

Alle diese Werke sind mit der Bildmarke Aug. Schatz & Söhne gemarkt. Verwirrend, das Ganz, gelle!?

Was war nun mit dieser Uhr? Na, sie zeigt die Zeit, wie sie wollte. Sehr ungenau und manchmal blieb sie auch einfach stehen. Aber ich wollte ja eigentlich NUR die Zeiger! Die musste ich nämlich der Besitzerin eines Werkes schicken, weil ich ihre verbummelt hatte. Und bei diesem Werk passten einfach nur die originalen Zeiger, der Durchmesser des Stundenrohres und die Abmessungen des Zeigervierkant waren auf das Werk Kaliber 39 angepasst, aber die Länge war die der Royal Mariner, als Beide Zeiger ca. 12 mm länger und auch anders in der Form.

Na ja, also die Zeiger erstmal weg geschickt und die Uhr in die Ecke gelegt. In der Zwischenzeit aber mal das defekte Echappement ausgebaut und zum Freund nach Österreich geschickt, zum Reparieren.

Nach einiger Zeit kam das Echappement wieder zurück und es juckte in den Fingern, auch diese Uhr wieder zum Zählen der Zeit zu bewegen. Also Zeiger gesucht und nicht gefunden. Es blieb also nichts weiter übrig, als Ähnlich Zeiger zu finden. Und von Junghans sollten welche zumindest in der Form und dem Aussehen passen.

Nun wurde die Aufnahme des Stundenzeigers mit einem Messingrohr soweit verjüngt, das es auf die 3,5 mm passten. Stundenzeiger also schon mal fertig.

Der Minutenzeiger machte größere Probleme: Der hat einen vierkant von 1 x 1 mm in einem verdrehbaren Zeigerfutter. Also hier das vorhanden Futter entfernt, aus einem Stück Rundmessing ein neues Futter mit eben diesem 1 x 1 Viereck angefertigt und mit zügiger Reibung vernietet. Erste Hürde geschafft.   

Die Uhr war Äußerlich in einem sehr gepflegten Zustand. Aber nach öffnen des Gehäuses musste ich dann feststellen, dass da wohl Jemand einen Ölwechsel gemacht hat in der Hoffnung, die Uhr wieder zum richtigen Zeigen der Zeit bewegen zu können. Dem war aber sicher nicht so. Viel Öl hilft eben nicht immer.

Nach dem das Echappement ja schon wieder da war, konnte es nach Erledigung aller anderen Arbeiten, dazu kam dann noch, dass einige Lager (1 & 2. Rad vom Gangwerk und 1. Rad vom Schlagwerk) eingelaufen waren, eingesetzt werden. Diese Lager mussten ersetzt werden und ab ging zum Probelauf. Prima, alles Bestens und auch mein GREINER Junior war zufrieden mit den Gangwerten.

Also voller Euphorie in das Gehäuse gesetzt, alles nochmal kontrolliert, die Klappe zu gemacht und aufgehängt. Die Uhr steht! Ein wenig gewackelt, sie steht ohne jeden Ton. Was soll den bitte das jetzt???

Hm, na ja, der Minutenzeiger war zu lang und ich hatte ihn beim Schließen des Glases unter der Lünette eingeklemmt. Selbst dran Schuld!!!! Also Schere genommen und den Minutenzeiger auf die richtige Länge gestutzt und schon Tickte die Uhr von selbst los.

So sieht man (ich) mal wieder: Doppelt kontrollieren ist immer besser!

 

Und jetzt meldet sie zusammen mit meiner Ships Bell fast synchron den Wachwechsel.

 

Schöne Uhr. Hier sieht man auf dem Ziffernblatt die unterschiedliche Anordnung der Aufzuglöcher und die Regulierschraube

Ziffernblatt abgenommen

Das Werk von der Seite

Die hintere Platine

Die Marken

Hinter dem Ziffernblatt

Hier sieht man das Echappement

Das reparierte Echappement ist eingebaut

Werk und Gehäuse

Vor dem Einbau

Einige Teile der Schlagunterdrückeung beim 1/2 - Stundenschlag

Schlagunterdrückung

Detail

Blick auf das Echappement

Test

Schlagwerksteuerung

Seitenansicht

Probelauf

Fertig

 

 

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(c) Rolf-Dieter Reichert, Stand: 12.09.18