Eine Jahresuhr der Hall Craft Corp.
hergestellt von M. Reiner 1954
Bei dieser Uhr hätte
ich beinahe das "Handtuch" geworfen!
Vorweg:
Diese Uhr
wäre beinahe die Erste gewesen, die ich ohne Erfolg zu haben, an den
Besitzer hätte zurückgeben wollen / müssen.
Aber von Vorn:
Zur Uhr: Hergestellt
von der Uhrenfabrik M. Reiner in 1954 für die Hall Craft Corp. In den USA.
Fachbücher schreiben über diese Uhrenfabrik
„…das Material wurde vielfach im Tausch gegen fertige (Uhr)Werke erworben
und war meist von minderer Qualität. Die Uhren wurden fast ausschließlich
für den Export hergestellt…“. Nun, das
mit der Qualität des Materials sollte sich hier wohl auch zeigen. Die
Platinen waren sehr weich.
Und noch drei
Besonderheiten waren zu bemerken: Die Zeigerreibung war anders aufgebaut,
der Regulier-Mechanismus funktionier genau andersherum, wie bei „normalen“
Drehpendeluhren und auch die Eingriffverstellung wirkt hier nicht auf die
Ankerachse, sondern ein Lager des Hemmrades wird verstellt! Schon sehr
ungewöhnlich.
Aber jetzt!
Die Uhr kam bei mir
an, mit der Bitte, sie doch wieder zum Zählen der Zeit zu bewegen. Nun ja,
Schaun mer mol, dann sehn mer scho – dachte ich.
Gut, also eine
Inaugenscheinnahme – nicht gründlich genug, wie sich sehr bald zeigen sollte
– zeigten einige Fehler, die aber reparabel erschienen. Mein Bekannter, der
Besitzer war auch hoch erfreut, als ich ihm mitteilte, dass ich seine Uhr
wieder in Ordnung bringen könne.
Also frisch ans Werk
– im wahrsten Sinn des Wortes.
Da waren insgesamt 8
Lager, die zu groß waren. Die Zapfen schlackerten nur so darin und die
Eingriffe klemmten. Das seltsame war nur, dass diese Lager alle schön rund
waren und nicht etwa, wie bei eingelaufenen Lagern üblich, länglich oder gar
Oval! Nö, schön rund und glatt.
Der erste Schock
dann bei der Demontage: Die Zeigermutter bewegte sich kein Stückchen. Bis
ich sie dann, getreu dem Motto: Die drei Zustände einer Schraube – Lose,
Fest, ganz Lose – mit einem Stück der Minutenwelle auf dem Tisch liegen
hatte. Beim Abnehmen abgerissen? Der Grund dafür wurde mir auch sofort klar,
als ich versuchte, die Zeiger ab zu nehmen: SEKUNDENKLEBER!!!!! Beide Zeiger
und die Mutter waren mit eben diesem Kleber festgeklebt. Was für eine
Arbeit, da etwas ab zu bekommen, ohne gleich alles unbrauchbar zu machen.
Nach einigem guten Zureden bewegten sich die Zeiger dann doch.
Dann erst einmal
alles ab ins US-Bad. Da ging dann doch auch der restliche Kleber endlich ab
und der Schaden an den Platinen war deutlich zu sehen. Aber eigentlich ist
ja das Ersetzen von Lagern kein Hexenwerk, also auch hier: Frisch drauf los.
In der Zwischenzeit
bat der Besitzer darum, die Uhr doch bis Weihnacht fertig zu stellen. Sie
wäre halt ein Andenken… Und wieder machte ich einen Fehler: Ich sagte zu!
Also die Lager
ersetzt, die Zeigerreibung und das Zeigerwerk gerichtet – das Stundenrohr
etwas gekürzt, ebenso das Viertelrohr und ein Stückchen Gewinde auf der
Minutenwelle Nachgeschnitten – bis es wieder passte. Ein – dritter Fehler
von mir – verkürzter Test und pünktlich zu Weihnachten stand die Uhr beim
Besitzer.
Sofort ein Anruf.
Ich bekomme die Uhr nicht zum Laufen. Was kann das sein. Nach einigen Fragen
folgendes Bild: Der Ankerstab ist aus dem Anker herausgefallen und lag auf
dem Boden der Uhr. So konnte das natürlich nicht gehen. Den Besitzer also
gebeten, die Uhr wieder zurück zu schicken. Hier zeigte sich dann, dass auch
der Ankerstab nur geklebt war. Durch das US-Bad hat er sich gelöst und der
Transport hat ihm (dem Stab) dann alle Lust genommen, da zu bleiben, wo er
hingehörte.
Na (ungut. Also
versuchte ich, den Stab wieder dahin zu bringen, wo er hin gehörte. Aber
ohne Erfolg. Die Aufnahme im Anker war für den Stab viel zu groß - Irgendwer
hatte da etwas Aufgerieben - im Durchmesser. Bleibt nur ein neuer Anker,
denn Löten wollte ich hier nicht und einen dickeren Tampon-Stahl einschlagen
ging auch nicht weil dann der Mitnehmer (die Gabel) nicht mehr passen würde.
Bei dieser Gelegenheit probierte ich auch mal meinen neuen alten
Rundlaufzirkel aus und was sehe ich: Das Hemmungsrad eiert so vor sich hin.
Die Zahnhöhen stimmten nicht mehr. Also auch das Hemmrad gleich
mitbestellt.
4 Wochen Wartezeit
auf den Deutschen Zoll. Die Teile kommen aber doch und freudig baue ich
alles zusammen. Test: Prima, dreht und Zählt! Was will man (ich) mehr?
Am nächsten Morgen
steht die Uhr. Also wieder vom Teststand auf den Tisch und geschaut. Nichts
Besonderes zu sehen. Angeworfen und….. nach ca. 7 Stunden steht sie
wieder….. Das wiederholte sich dann fast regelmäßig. Also wieder Zerlegen
und auf Fehlersuche: Das Zeigerwerk hat irgendwo zu viel Reibung. Diagnose
dieses Problems: Das Stundenrohr klemmte auf dem Viertelrohr. Dadurch ging
dann nichts mehr. Was tun? Da mir ganz ehrlich meine Kürzerei am Zeigerwerk
auch nicht so ganz suspekt war, also Minutenwelle, Viertelrohr und
Stundenrohr bestellt und wieder, wie immer beim Zoll 4 Wochen gewartet.
Langsam wurde mein
Bekannter wohl ungeduldig und mir fehlten bald die Argumente. Dann waren die
Teile da und die Uhr lief endlich rund und genau – für 7 Tage!
Jetzt war es fast
soweit, dass ich die Uhr ohne Reparatur zurückgegeben hätte. Aber noch einen
Versuch gestattete ich mir.
Das Werk nochmal
zerlegt, das Federhaus wieder geöffnet und die Feder mal genauer unter die
Lupe genommen und Bücher geblättert: FALSCHE FEDER!!!!!
Die Klingenstärke
der verbauten Feder war 0,25 mm und die originale Feder für diese Uhr sollte
0,6 mm haben!!!
Schnauf! Neue Feder
bestellt, die wundersamer Weise nach 1 Woche durch den Zoll war und
eingebaut. Die Hemmung musste jetzt nochmal justiert werden und Test: Prima.
Sie läuft, die Uhr.
Mein Fazit bei
dieser Uhr für alle zukünftigen Reparaturen:
1.) Verlass Dich nie auf die Arbeit
angeblicher Uhrmacher.
2.) Überprüfe vor einer Reparatur ALLES, auch
die Ersatzteile, auf das Genaueste!
3.) Denke nie, du bist der
Größte, der alles
kann. Überall gibt es auch meine Grenzen.
Hier hatte sich mein
Vorreparateur wahrlich an der Uhr ausgetobt und alles verrepariert, was es
nur gab. Und ich nahm die Sache auch noch auf die leichte Schulter.
Aber letztendlich
funktioniert sie jetzt und das hoffentlich noch lange Zeit!
Denn ganz ehrlich:
Nochmal möchte ich DIESE Uhr nicht auf dem Tisch haben!
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Zu groß, insgesamt 8 Lager....
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Zerlegt
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Das Podest, blind vom Alter
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Rückseite
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..und die Zeiger gingen doch ab!
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Uhrenpuzzle
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Das sieht schon besser aus
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Neues Lager
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Alle Lager waren zu groß. Da hat Jemand mit der Reibahle.....
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Der Zusammenbau
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Das Werk
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Die Hinterseite mit den neuen Lagern
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Pendelfeder war natürlich auch zerstört
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Das ist die alte Pendelfeder
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Sieht doch gut aus....
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Auch von vorne eine hübsche Uhr
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So ging sie das erste Mal zum Besitzer....... Es Weihnachtet sehr.
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Nach 4 Wochen der nächste Versuch.
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Der nächste "Übeltäter". Oben links die falsche Feder, unten die Neue.
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Hier der Unterschied zwischen den beiden Federn: Links die Neue und rechts die Alte zu schwache!
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Der Abfall stimmt! Die Uhr läuft (mal wieder).
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Die Besonderheiten bei dieser Uhr: Die Verstellung des Eingriffes durch
Hoehen-Änderung am Hemmrad.
Die Gangeinstellung genau entgegengesetzt.
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Sieht man nicht: Die Zeigerreibung ist auch anders aufgebaut.
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Nachtrag nach 14
Tagen:
Doch, die Uhr kam
nochmal zurück. Die letzten Bilder in der Serie zeigen einen „Ausgefransten“
Trieb des Hemmrades. Ich hatte einfach das gelieferte ohne genaue
Überprüfung eingebaut und das Ergebnis war, die Uhr lief nicht, weil das
Minutenrad in diesen defekten Trieb gelaufen ist (das Trieb 0,2 mm mehr nach
rechts und es gab keine Probleme, wie beim Test!). Die kostenlose
Ersatzlieferung aus USA war übrigens diesmal wieder 4 Wochen unterwegs. Dank
an den Deutschen Zoll und seine wirklich hervorragende Genauigkeit bei der
Überprüfung von Lieferungen aus Übersee.
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So was habe ich Übersehen!
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Recht das neue Ersatzteil, nach 4 Wochen (davon 3 1/2 Wochen im Zoll) endlich da,
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So soll es sein.
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Jetzt aber......
Ich bin auch zu frieden.
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Stand:
10.09.18
(c) Rolf-Dieter Reichert 2018
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