Uhren, die ich reparierte
Hier eine
Jahresuhrenfabrik (JUF)
Baujahr 1902
Diese Uhr
hat ein mechanisches 400-Tage-Werk. Sie ist also eine "Echte" Jahresuhr. Die
Höhe der Uhr 29 cm vom Scheitel bis zur Sohle und der Durchmesser des
Sockels 19 cm. Also eine richtige erwachsene Jahresuhr.
Das Gehäuse besteht aus
Messing und der Dom (ist bei der Besitzerin geblieben, da er ja für eine
Instandsetzung nicht relevant ist) aus Glas. Das Drehpendel, ein
Scheibenpendel, ist ebenfalls aus der Zeit und somit das Originale für diese
Uhr.
Jetzt aber
zur Uhr. Eine Jahresuhr kann am besten über die hintere Platine
identifiziert werden. Es gibt Fachliteratur, die mich dabei unterstützt. Die
hintere Platine dieser Uhr weist nur eine Marke auf: Auf der rechten Seite
"PATENT ANGEMELDET" und darunter "PATENTS APPLIED". Zusammen mit anderen
Charakteristika der Platinen weist das auf die Uhrenmanufaktur
"JAHRESUHRENFABRIK" in Triberg / Schwarzwald, hin.
Ganz kurz
noch zur Geschichte: Im Jahr 1900 wollte oder konnte der Patentinhaber, nach
dessen Patenten die Jahresuhrenfabrik bisher Jahresuhren hergestellt hat,
die fälligen Patentgebühren nicht mehr Zahlen. Daraufhin machten sich viele
Uhrenhersteller jetzt daran, diesen Lukrativen Markt auch für sich zu
erschließen, mit und ohne Patent! Die Jahresuhrenfabrik hat dann ebenfalls
im Jahr 1900 Patente für seine Konstruktionen angemeldet und um sich vor
Nachahmern zu schützen, eben das „Patent angemeldet“ und „Patents applied“
auf die Platine geprägt. Diese Patente wurden erst in 1902 vom „Kaiserlichen
Reichspatentamt“ bestätigt und solange blieb halt das „Patent angemeldet“
auf den Platinen stehen. Ab 1902, nach Offenlegung der Patente, wurde dann
auch erstmalig die Firmenmarke der Jahresuhrenfabrik, die zwei Elefanten,
die eine Uhr tragen, geprägt.
Die
hintere Platine ist mit Vorsteckstiften mit den Werkspfosten verbunden, die
vordere Platine ist geschraubt. Das Ziffernblatt hat einen Durchmesser von
55 mm (innen).
Das Ziffernblatt ist ein
Emailblatt mit feinen Ziffern in schwarz. Die Zeiger sind aus Stahl gebläut.
Das Ganze befindet sich in einer Lünette aus Messing und ist mit der
vorderen Platine ebenfalls mit Pfeilern und Stiften verbunden.
Alle relevanten Teile der Uhr sind mit der Nummer 44 gekennzeichnet, auch
das Scheibenpendel.
Diese Uhr
hat noch keine Stellschrauben zur Justage, auch gibt es noch keine
Transportsicherung der Pendelfeder. Die Aufhängung der Pendelfeder ist
original und weist diese Uhr ebenfalls als JUF 1902 aus.
Diese Uhr
war in einem recht desolaten Zustand. Der Vorsteckstift am Minutenzeiger
wurde bündig zur Minutenwelle abgefeilt. Bei dieser Manipulation wurden dann
wohl auch beide Zeiger demoliert. Sie wurden einfach geklebt und der
Minutenzeiger mit einem falschen Ende versehen. Die Vorsteckstifte der
Platine waren umgebogen, um ein herausrutschen zu verhindern und der Clou
der Geschichte war der selbst angefertigte Mitnehmer. Und: die Uhr war, wie
schon zu erwarten, wahrscheinlich als Ölsardine eingemacht worden,
jedenfalls triefte sie nur so und hinterließ überall Öllachen auf dem
Arbeitstisch.
Alle
Messingteile waren total blind und teilweise auch schon im Material
angegriffen. Das wird noch eine Heiden Arbeit bringen.
Die ersten
Arbeiten an der Uhr war das Zerlegen und Reinigen aller Teile erst im
Ultraschallbad anschließend mit Polierpaste auf Glanz gebracht, die
Gangfeder wurde aus dem Federhaus genommen, ebenfalls gereinigt und gefettet
und wieder eingesetzt. Vor dieser Arbeit habe ich immer großen Respekt, denn
wenn sich diese Feder selbständig machen sollte, sind Beschädigungen und
Verletzungen ganz sicher. Sie hat eine enorme Kraft. Nach der Reinigung der
Teile wurden die Lager und Zapfen überprüft und für in Ordnung befunden. Die
Zapfen wurden poliert und die Lager mit Putzhölzern gereinigt. Auch die
Zähne der Triebe und Räder wurden geputzt, da sich das vorher verwendete Öl
als feste Masse zwischen den Zähnen klebte.
Die verrosteten Schrauben wurden Poliert
und neu gebläut, ebenso die Zeiger.
Eine
schöne Arbeit ist das Anpassen der Pendelfeder. Bei Scheibenpendeln ist man
da aufs Probieren angewiesen, zumal auch hier die Pendelfeder (aus Bronze!)
falsch bemessen war und die Uhr so nie richtig die Zeit zählen würde. Auch
war der Mitnehmer ja durch eine Eigenkonstruktion ersetzt worden, was so
natürlich auch nicht funktionierte.
In der Zwischenzeit war
meine Suche nach einem Zeigerpaar teilweise von Erfolg gekrönt. Zumindest
einen Minutenzeiger habe ich in der Bucht gefunden und erstanden. Die
Anpassung war nicht besonders schwierig, aber der Stundenzeiger musste der
alte, geklebte bleiben.
Jetzt gab
es bei der Montage und beim Probelauf keine Probleme mehr. Die Einstellung
des Ganges bei diesen Uhren ist immer eine langwierige Angelegenheit, da das
Werk nach jeder Manipulation an der Pendelfeder oder am Drehpendel mehrer
Stunden braucht, bis sie IHREN Takt wieder gefunden hat. Aber Rentner (ich)
haben ja Zeit! Die Amplitude beträgt jetzt ca. 260° und der Gang ist über 3
Tage gesehen auf 1 Minute genau. Der muss dann am Aufstellungsort noch
Feinjustiert werden, aber das ist ja kein Problem.
Jetzt ist
dann also die Zeit gekommen, sie wieder der an die Besitzer zu Senden. Ich
bin mir sicher, Sie werden viel Freude an dieser seltenen und schönen Uhr
haben.
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Ein Problem: Der Vorstecker wurde abgefeilt
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Der "Mitnehmer" Marke Eigenbau
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Und die Feder der Zeigerreibung, verkehrt herum
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Die Bildmarke
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Noch nicht schöner Rücken
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So kam sie bei mir an
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Staub aus 111 Jahren
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Ziemlich Abgerockt, die Uhr
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Rost am Scheibenpendel
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Die Krone und der Mitnehmer
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Super!
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Bildmarke aus 1902
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Die Rückseite
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Teile vor der Wäsche
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..und Nachher..
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Der Stuhl
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Probelauf
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Die Zeiger fehlen noch
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Fertig, die Uhr!
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Stand:
10.09.18
(c) Rolf-Dieter Reichert 2018
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