Uhren, die ich reparierte
Hier eine
Jahresuhrenfabrik (JUF)
Baujahr 1912 mit sog. Louvre-Gehäuse
Eine etwas Ältere
Jahresuhr – Hersteller JUF ab 1912.
Diese Uhr hat ein sog. Louvre
Gehäuse. Das Gehäuse ist vergoldet, das Werk
Messing. Zum Schutz gibt es einen Echtglas-Dom, den ich aber nicht
fotografiert habe.
Welche Probleme gab es
mit dieser Uhr? Nun, ich könnte fast sagen: das Übliche!
Gehäuse verschmutzt,
Werk ebenfalls und dann ein Zuviel an falschem Öl, gepaart mit einer
falschen und defekten Pendelfeder. Und das alles verhinderte, dass die Uhr
die Zeit zählen konnte.
Also frisch ans Werk.
Ich hatte so ein Gehäuse
noch nie auf dem Tisch. Daher erst einmal studieren, wie ich an die
Einzelteile der Uhr kam. Zuerst ganz oben (in luftiger Höhe von 31 cm) die
Krone abgeschraubt. Die Rändelmutter saß unter dem Deckel und plumpste
natürlich ins Werk, weil ich mit meinen dicken Fingern sie nicht festhalten
konnte.
Unter diesem Deckel dann
4 weitere Schrauben, die mittels Abstandhülsen (Messing) das Werk hielten.
So, das Werk war also
aus dem Käfig heraus. Das Zerlegen vom Käfig erforderte wieder mindestens
drei Hände, ging aber. Nur über den Zusammenbau begann ich mir schon so
meine Gedanken zu machen.
Aber zuerst das Werk.
Zeiger und Ziffernblatt (Emailblatt von 10 cm Durchmesser) abgenommen, das
Werk in Einzelteile zerlegt und ab ins Bad.
Danach dann, was immer
folgt. Polieren und nochmals Polieren. Dann mit Renaissance Wax versiegelt,
Lager gereinigt, Zapfen überprüft und ebenfalls poliert.
Die Gangfeder hat
geklebt, als wenn Jemand da einen Leim rein geschüttet hat. Also das Haus auf
und mit dem neuen Federwinder die Feder entnommen. Man, warum habe ich mir
so ein Teil nicht schon früher zugelegt!!!!
Das Reinigen der Feder
war recht problematisch. Denn es hatte wirklich jemand mit Kleber
gearbeitet. Den Federkern einfach mit dem Kleber an der Feder festgeklebt,
damit wohl beim Einbau das Federende auch wirklich in den Ausschnitt
eingriff. Nun, diesen Kleber habe ich nur mit Nitroverdünnung runter
bekommen. So was ist mir auch noch nicht passiert. Dann die Feder gut
eingefettet und wieder (gelobt sei der Federwinder, der Neue) in ihr Haus
manövriert.
Das Werk selbst war dann
eigentlich kein Problem mehr, da ich hier schon einiges an Routine habe und
auch keine weiteren Probleme zu sehen waren. Auch hatte zum Glück Niemand am
verstellbaren Ankerlager gedreht, weil dadurch vielleicht ja die Uhr wieder
in Gang… Na, zum Glück für mich wurde hier nicht gedreht und der Anker
selbst hat feste Paletten.
In der Zwischenzeit
wurde auch das 4-Ball-Pendel ins Bad geschickt.
Zum Pendel dieser Uhren
ist folgendes zu bemerken: Am Anfang der Jahresuhren waren nur
Scheibenpendel bekannt. Es gab die eigentümlichsten Konstruktionen, um den
Gang und die Ungenauigkeit bei Temperaturschwankungen in den Griff zu
bekommen. In der einschlägigen Literatur gibt es die entsprechenden
Abbildungen.
So um die
Jahrhundertwende herum kamen dann die ersten Kugelpendel auf den Markt. Das
erste dieser Art wieder von der Jahresuhrenfabrik. Einige Modelle waren auch
durch D.R.P. (Deutsches Reich Patent) geschützt. Aber die Erfindungsgabe der
Tüftler kannte keine Grenzen und jeder Hersteller hatte bald sein eigenes
Balldrehpendelpatent in der Tasche. Allerdings waren die Probleme der
Temperatur mit diesem Pendel auch nicht aus dem Weg geräumt, aber man konnte
den Gang der Uhr einfacher (über einen Zeiger am Boden des Pendels und wenig
später dann über eine Rändelschraube oben) verändern. Damit konnte sich der
Besitzer der Uhr meist das Anreisen eines Uhrmachers zur Justage der Uhr
sparen. Noch besser wurde es dann mit der Entwicklung der sog. „Legierten
Stähle“ für die Pendelfeder.
Heute sind das alles
keine Probleme mehr, denn durch unsere fast durchgängig wohltemperierten
Wohnräume und die modernen, legierten Stähle, aus denen jetzt die
Pendelfedern sind, gibt es kaum noch Probleme – wenn nicht obskure
„Pendelfederverkäufer“ unbedarften Hobbyisten auf Deutsch gesagt „Mist“ in
Form von Bronzefedern etc. verkaufen würden. Aber das ist ein anderes
Thema!
Nach dem Bade erstand
das Pendel jedenfalls wieder in altem Glanz.
Nun zum Werk. Es zum
Testen und Justieren in das Gehäuse einbauen war nicht nur unpraktisch (man
kommt nirgends mehr dran), sondern auch unmöglich, weil die Teile vom
Gehäuse auch gerade einer gründlichen Reinigung unterzogen werden.
Wie schon eingangs
angesprochen: Das Gehäuse ist vergoldet. Und da diese Vergoldung natürlich
nicht sehr dick ist, war Vorsicht beim Reinigen geboten. Hier hat es ein
ganz normaler Haushaltsreiniger erledigt. Das Ergebnis hat selbst mich
überrascht! Leider kamen nach der Reinigung auch einige Stellen zum
Vorschein, an denen wohl mal mit einem groben Poliermittel versucht wurde,
den Schmutz der Jahrzehnte zu beseitigen. Diese Stellen konnte ich nicht
beseitigen, eine neue Vergoldung wäre die einzige Möglichkeit. Aber wer will
das bezahlen?
Aber auch so sieht das
Louvre-Gehäuse jetzt wieder toll aus. Und ein paar Fehler unterstreichen nur
das Alter der Uhr!
Nachdem nun Gehäuse, Pendel und Werk schön sauber waren, ging es an das
Zusammenbauen. Ich sage nur – 4 Hände hätte ich haben müssen.
Die letzte Krönung der
Montage war wirklich die Krone. Bis mir Rodico eingefallen ist. Damit habe
ich die Mutter auf einem Schaschlikspieß (natürlich ohne Schaschlik) geklebt
und erst dann konnte ich die Kronenschraube als letzte befestigen.
Eigentlich schade, dass sie nicht bei mir bleiben kann.
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Pendelfeder? Eher ein krummer Hund!
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Rückseite in Öl.
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Das Louvre-Gehäuse
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Klebte an den Fingern!
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Schöner Email-Ziffernblatt
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Warten aus das US-Bad.
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Klebefeder!
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Waschen, Legen, Föhnen.
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Blick auf das Zeigerwerk
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Die Marke: Zwei Elefanten mit Uhr. 1910 - 12 die Marke der Jahresuhrenfabrik
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Glänzende Rückseite.
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Nach der Platine kann das Herstellungsjahr gefunden werden. Hier 1912 JUF
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Nochmal die Firmen-Marke
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Fertig
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Stand:
10.09.18
(c) Rolf-Dieter Reichert 2018
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