GREINER Zeitwaage
   
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GRUNDIG 4097 Stereo
GREINER Zeitwaage
Phillips Pallas
Poliermotor Nr. 139

 

 

 

GREINER Zeitwaage Chronografic Junior

Zur Justage von Uhren, passt eigentlich nicht ganz hier her,
aber da sie mit Röhren bestückt ist, dann doch wieder!

 

Eigentlich war ich ja der Meinung, für mein Hobby, Jahresuhren, brauche ich so ein Gerät nicht.

Weil, bei einer Jahresuhr zeigt eine Zeitwaage immer nur den mechanischen Tod der Uhr an. Die Hemmung ist für eine Auswertung per Zeitwaage viel zu langsam: 8 – 16 Ticks pro Minute.

Aber dann ergab es sich, dass auf einem Mal eine richtige „Schwemme“ von defekten Glasenuhren über mich und meinen Tisch hereinschwappte. Freute mich natürlich und macht auch riesigen Spaß, diese Uhren wieder in die Gänge zu bekommen.

Und hier nun zeigte es sich, dass es doch wohl unerlässlich ist, das Echappement (Gangregler der Aug. Schatz & Soehne Glasenuhren) per Zeitwaage zu Prüfen und ein zu stellen. Aber woher nehmen? Und was für eine?

Bekannt auf dem Gebiet sind ja die Geräte von GREINER. Also speziell danach geguckt und auch eine in der Bucht gefunden. Nach der Beschreibung sollte die auf jeden Fall für meine Belange ausreichend sein und günstig habe ich das Teil auch noch bekommen.

Jetzt ging aber die Suche erst richtig los. Bedienungsanleitung / Beschreibung und wenn möglich, auch noch den Schaltplan für dieses Gerät (keine Transistoren und schon gar keine Integrierten Schaltkreise, Röhren! RÖHREN!). Es ging hier um eine Zeitwaage GREINER Chronografic Junior.

Also bei der Vertretung von Greiner in Pforzheim (den Namen nenne ich lieber nicht!) nachgefragt und eine Absage erhalten. Nicht unfreundlich, aber man hat gemerkt, dass meine Anfrage etwas Lästig war. Kein Geschäft halt.

Hm, da gibt es doch noch die „GREINER Electronic AG“ in Langenthal / Schweiz? E-Mail geschrieben und dem netten Herrn in Pforzheim auch mitgeteilt, dass ich mich jetzt mal direkt an GREINER wende. Verblüfft hat mich die Antwort aus Pforzheim dann aber schon: Da brauchen Sie (ich) auch nicht Fragen, unsere Tochtergesellschaft hat von solch alten Geräten auch nichts! Hallo?

Just ½ Stunde später eine Antwort aus der Schweiz: Es könnte möglich sein, bitte mal Bilder von dem Gerät. Aber Schaltung wird generell nicht herausgegeben.

Also ein paar Bilder und ab in die Schweiz (es lebe das Internet – Hoch – Hoch – Hoch) und postwendend die Antwort: Also, dass das Gerät so alt ist hätten wir nicht gedacht. Aber wir haben noch Unterlagen (Handbuch und Schaltung) als PDF-Datei angehangen. Aber noch ein Hinweis: Wir (GREINER) geben keinerlei Support oder technische Unterstützung für dieses Gerät, auch Ersatzteile sind nicht mehr vorrätig. Ich bedankte mich recht freundlich und schrieb, dass ich so etwas gerne selber mache.

Also erst einmal, wie bei allen neugierigen Menschen, dass Gehäuse auf und geguckt, was da alle so hinter dem Metall schlummerte: 4 Röhren waren zu sehen 2 x ECC85, 1 x ECL80 und 1 x PL21. Dazu dann noch die diversen anderen Bauteile. Nun erst mal Papier besorgt, 38mm Breit, Bonrollen. Hm, zu breit, aber es geht. Dann Strom. Ach ja, ich vergas, dass bei dem Gerät natürlich auch noch zwei Mikrofone dabei waren und ein Hörer. Und aus dem Hörer kam laut und deutlich das Ticken einer Armbanduhr, die ich zu Test drauf gelegt hatte. Na, das war doch schon was, aber soviel brachte mein selbstgebauter Verstärker auch.

Ein wenig über die Aufgaben und Funktionen einer Zeitwaage (für den Laien). Fast jede mechanische Uhr hat eine Hemmung, die den Ablauf des Werkes in Schritte unterteilt, die dann auf dem Ziffernblatt angezeigt werden. Dieses nennt der Fachmann "Hemmung". Auch der Nichtfachmann kennt das, es ist das Tick-Tack der Uhr. Eine Zeitwaage zeichnet diese Geräusche auf und bringt sie (bei meiner zum Beispiel) als Punktreihe auf einen Papierstreifen. Wie nun diese Punktreihen aussehen, gibt Aufschluss über die Genauigkeit und die Qualität der Hemmung. Also ein recht wichtige Gerät für eine rationelle Einstellung der Uhr.

Wie funktionierte nun meine Zeitwaage? Als erstes ein Verstärker, der die Töne, die die Hemmung macht (eben das Tick-Tack) so stark verstärkt, das man es a.) laut und deutlich in einem Hörer akustisch hört und b.) eben diese Töne durch einen Schalter per Hochspannung durch den Papierstreifen gebrannt wird.

Dieser Papierstreifen muss dann noch Transportiert werden (Vorschub). Das wird durch einen Synchronmotor, der mit 3 Frequenzen für die Unterschiedlichen Schlagzahlen (Tick-Tack) der Uhren betrieben werden kann, bewerkstelligt. Die Frequenzen sind 90Hz, 99Hz und 108Hz. Um hier sehr genau zu sein wird dieses "Zeitnormal" durch einen Röhren-Vakuum-Quarz erzeugt, über einen Frequenzteiler wird die gewählte Frequenz eingestellt und der Motor dreht mit der Entsprechenden Drehzahl. Über ein Getriebe wird der Papiervorschub dann bewerkstelligt.  

Eine ECC85 (Doppeltriode) ist für die Verstärkung verantwortlich. Hier wird dann auch das Signal für den Hörer abgenommen. Die PL21 (Thyratron oder Stromtor) schaltet dann einen Hochspannungserzeuger und eine Funkenstrecke, eben im Takt der Tick's, brennt feine Löcher in den Papierstreifen.

Für den Frequenzerzeuger als erste Stufe ebenfalls eine ECC85, ein Kondensator-Netzwerk, dass mit einem Wahlschalter eingestellt werden kann und als Endstufe für den Motor eine ECL80 (Triode und Endpentode) als Treiber für den Motor.

Jetzt die Mechanik für das Aufzeichnen der Ticks begutachtet. Ein Synchronmotor wird mit Wechselstrom aus einem Quarzoszillator, der in drei Stufen geschaltet wird, versorgt. Der Motor muss, da ja ein Synchronmotor, händisch angeworfen werden. Gesagt, getan und knirschend und mit lautem Schleifen der Lager setzt der sich in Bewegung. Aber nicht so richtig.

Nun, Messungen haben gezeigt, dass einige Kondensatoren im Laufe der Jahrzehnte nicht mehr das waren was drauf stand. Also eine Handvoll neue Kondensatoren besorgt und den Lötkolben angeworfen. In der Zwischenzeit hatte ich auch die Röhren (bis auf die PL21, das ist ein Thyratron) auf meinem Röhrenprüfgerät getestet und eine ECC85 in den Müll befördert. So eine hatte ich aber noch in meinem Fundus. Die Kondensatoren ausgewechselt und Test: Jetzt stimmten die Frequenzen wieder: 90, 99 und 108Hz für den Motor. Aber die Lager müssen noch ersetzt werden! Motor ausbauen, demontieren und die Lager raus. Total schwarz und Schwergängig, Reinigung kam hier sicher nicht mehr in Frage. Die Kugeln waren schon kleine Eier. Also neue müssen her. Auch hier das Internet als Helfer. Eine Firma gefunden, die Lager in diesen Abmessungen liefert. Nachmittag bestellt und bezahlt, am nächsten Tag waren die Lager bei mir im Briefkasten. Besser ging es nicht. Lager wieder eingebaut, Motor ebenfall wieder ins Gehäuse und….

Schöne Löcher auf dem Steifen und auch gleich das erste Echappement justiert. GREINER sei Dank!

Herr Schädeli, vielen Dank nochmal von dieser Stelle aus. Super Kundenverständnis, dass ich bei der Firma aus Pforzheim leider vermissen musste.

Und GREINER kann sicher sein: Wenn ich mir eine moderne Zeitwaage zulegen sollte, nur eine GREINER!

 

So kam die Zeitwaage bei mir an

Verstaubt durch 60 Jahre Nutzung

Das Typenschild

Bedienelemente

Zerlegter Synchron-Motor

Rechte Lagerschale mit Papiervorschub

Die Innereien

Der Stator

Das Chassis ohne Motor

Erstes Echappement einer SCHATZ Glasenuhr Kal. SCHM

So sieht sie (die Zeitwaage) jetzt aus. Vielen Dank Herr Schädeli!

 

 

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Stand: 23.09.17

(c) Rolf-Dieter Reichert 2010