Geschichte der Jahresuhren

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Hier etwas zur Geschichte der

"Jahresuhren"

Als "Jahresuhren" werden gemeinhin mechanische Uhren bezeichnet, die in 400 Tagen nur 1 x aufgezogen werden müssen. Jahresuhren haben also keinen Antrieb mit Batterie und Quarzwerk, sonder ein mechanisches Werk und ein sog. Drehpendel oder auch Torsionspendel. Dieses bewirkt den überaus langsamen Gang der Hemmung mit 8 bis 16 Perioden in der MINUTE!

Andere "normale" mechanische Uhren (z.B. Standuhren) liegen bei ca. 60 Perioden in der Minute, abhängig von der Pendellänge. Wanduhren und Tisch- oder Kaminuhren haben einen noch schnellere Periode, abhängig von der Pendellänge.

Die Jahresuhren, auch 400-Tage-Uhren genannt, hatten ihre große Zeit zum Ende des 19. Jahrhundert in Deutschland und nach dem Niedergang dieser Art von Uhren dann erst wieder ab den 50 er als Exportschlager nach den USA und Nah- und Fernost.

In den USA erfreute sich die "Jahresuhr" großer Beliebtheit, sie wurde gerne zu Jahrestagen (Hochzeit, Geburtstag, Namenstag, etc.) verschenkt und dann in einer kleinen Zeremonie eben 1 x im Jahr zu diesem Tag aufgezogen um dann wieder treu für ein Jahr die Zeit zu zählen. Sie bekamen den Namen "Anniversary Clock".

 

Hier nun die Entwicklung der "Jahresuhr", deren Stammland Deutschland war, obwohl die ersten Patente eben aus Amerika stammten. Aber lesen Sie:

Hier mal ganz kurz und unvollständig die Geschichte zu den Jahresuhren:

3 Patente aus den USA in den Jahren 1841, 1850 und 1852 aus den bekannten Uhrengebieten der USA von 3 verschiedenen Uhrenmachern.

Keines dieser Patente wurde in eine funktionierende Uhr umgewandelt.

In 1876 erscheint dann noch ein Amerikaner, John W. Hile, dessen Patent schon eher als „Jahresuhr“ im heutigen Sinn zu bezeichnen ist.

Es kann sein, dass Anton Harder, geb. in Ransen / Oder, heute Polen, dieses Patent kannte (ob er aber jemals in Amerika war, ist fraglich). Jedenfalls hat Harder sich im Jahr 1879 mit dem Uhrmacher Lorenz Jehlen in Säckingen zusammen getan, da L. Jehlen das Patent für ein verstellbares Drehpendel innehatte, welches für Langsamläufer geeignet war, aber NICHT für eine Uhr, wie Harder.

Leider ist dann L. Jehlen bereits im Jahr 1879 verstorben und die Witwe Jehlen übereignete das Patent für das Drehpendel  A. Harder.

Für diese, jetzt komplette Uhr, lies Harder einige Patente – 1880 in Österreich-Ungarn und 1882 in den USA eintragen. Für Deutschland ist in dieser Zeit kein Patent nachweisbar.

Als erste Uhrenmanufaktur stellte die Firma A. Willmann / Freiburg – Schlesien in 1879 nach dem Musterpatent aus Amerika von Harder Jahresuhren in Deutschland her. Es sollen, nach den Unterlagen der späteren Fa. Gustav Becker, um die 340 Stück gewesen sein. Die Produktion wurde jedoch nach diesen „Versuchen“ wieder eingestellt, weil zu unzuverlässig und absolut ungenau und daher für eine Serienproduktion untauglich. Hartnäckig hält sich das Gerücht, dass auch die Firma Gustav Becker Jahresuhren hergestellt hätte. Aber das ist nur ein Gerücht! Der Firmeninhaber beschied A. Harde auf seine Nachfrage "...wir (Gustav Becker) beschädigen doch nicht unseren guten Ruf mit diesem Spielzeug..."! Alle mit der Marke "GB" und der Medaille de Or hergestellten Jahresuhren stammen aus dem Maschinen der VFU AG ab 1900.

Auch soll angeblich A. Harder selbst einige wenige Modelle gefertigt, die mit „Harder/Ransen bei Steinau a/O“ gemarkt sind. Auch das gehört in das Reich der Fabel. Harder war kein Uhrmacher, auch kein Feinmechaniker. Er war Verwalter eines Landgutes!  sind. Das auf diesen Uhren angegebene Patent (Harder Ransen bei Steinau a/O/D.R. Patent No. 2437) betrifft das verstellbare Drehpendel von Jehlen / / Säckingen! 

So, und nun kommt also A. Harder in den schwarzen Wald. Das ist von Säckingen aus nicht sehr weit. Zuerst versucht Harder sein Glück bei der Messing-Gießerei Siedle. Siedle stellte gegossene Uhrenteile - Räder, Platinen, Glocken, etc. her. Siedle kann Harder nicht helfen, da er in seiner Fabrik nur Teile herstellt und keine Uhrenproduktion hat. Aber er kennt 4 Uhrmacher in Triberg, die sich gerade selbstständig gemacht haben. Siedle verweist Harder an diese Firma: Gebr. Wintermantel & Cie. Die Firmenmarke: GW & Cie. Harder spricht mit den 4 Teilhabern der Wintermantel & Cie. Alle 4 haben vorher bei der Fa. Fortuna gearbeitet und sich nach deren Pleite bei Wintermantel eingekauft. Hier wurde 1881 die wirklich erste funktionierende Jahresuhr nach dem Patent von A. Harder durch den Uhrenmacher August Schatz entwickelt (mit Grahamhemmung). August Schatz übernahm die Mehrheit der Wintermantel & Cie. und benannte die Firma das erste Mal (1882) um in „Jahresuhrenfabrik“ und verlegte sich fast ausschließlich auf die Produktion von Jahresuhren (DeGruyter hatte die Maschinen finanziert und zur Sicherheit die Patente von Harder gekauft).  

Von da an war die „Jahresuhrenfabrik“ der Marktführer bei Jahresuhren, die allerdings fast ausschließlich für den Export (DeGruyter) produziert wurden. Das hing auch damit zusammen, da die Patente für die Uhr und das Drehpendel eben bei DeGruyter lagen und erst nachdem Dieser die Patentgebühren nicht mehr zahlen wollte oder konnte, diese um 1900 frei wurden und viele andere große Uhrenmanufakturen auf diesen „Zug“ aufsprangen. 

Einige der Hersteller haben durch eigene Patente (runde Platinen, Stifftegang, Zylinderhemmung, etc.) versucht, in diesen Markt auch schon früher ein zu dringen. Aber die Uhren waren zu empfindlich und zu ungenau. Patente anderer Hersteller gab es vor allem auf die Drehpendel.

Kaum eine Uhrenmanufaktur produzierte ihre Uhren in allen Teilen. Ziffernblätter wurden zugekauft, Gehäuse lies meistens der Vertriebspartner nach Kundenwunsch herstellen. Auch wurden sehr häufig die Werke an Namhafte Uhrmacher in relativ großen Stückzahlen Verkauft. Nur als Beispiel sei hier Anton Huber, Hoflieferant in München, genannt. A. Huber hatte zwar das Patent für ein Kompensationsdrehpendel (1902) aber keines für Jahresuhrwerke. Also bezog er die Werke z.B. von der Jahresuhrenfabrik, KIENZLE und BADUF und baute seine Uhren selbst zusammen und vertrieb sie auch unter seinem Namen.

 

Und zur Genauigkeit:

Am Anfang wurden als Pendelfedern die verfügbaren Stahlfedern verwendet. Diese hatten den großen Nachteil, dass sie sehr empfindlich bei Temperaturschwankungen reagierten (Warm = Uhr ging nach, Kalt = Uhr ging vor). Auch rosteten diese Pendelfedern schnell.

In diesen Zeiten wurden dann auch sog. Kompensationspendel entwickelt (Quecksilber, Bimetall, Pendelfedern aus zwei Metallen mit Verstellung, etc.). Nichts brachte aber den richtigen Erfolg. Auch Versuche mit Bronzefedern (in den 1920 - 1930 er) waren zum Scheitern verurteilt, da Federbronze noch schlechtere Temperatureigenschaften als die Stahlfedern hatte. Einzig sie rosteten nicht.

Zum Ende der 1930 er wurden dann die legierten Stähle entwickelt, die dann auch sehr schnell Einzug in die Uhrenherstellung fanden. Auch die Pendelfedern wurden jetzt aus diesen neuen Legierungen hergestellt und damit wurden die Jahresuhren nun so genau, dass sie mit jeder Wand- oder Standuhr mithalten konnten.

Lediglich ein Problem gibt es bis heute und das ist der Grund, warum Jahresuhren auch jetzt noch fälschlicher Weise als "Ungenau" verschrien sind: Eine Wand- oder Standuhr wird 1 x in der Woche oder auch 1 x im Monat aufgezogen und dabei ohne jede Emotion eventueller Vor- oder Nachgang ausgeglichen. 

Der Gangfehler, z.B. 1/2 Minute in der Woche, ist für solche Uhren absolut in Ordnung. Aber bei einer Jahresuhr wird sich dieser Fehler über 1 Jahr summieren und macht dann bei nächsten Aufziehen sage und schreibe 26 Minuten aus (das ist natürlich zu viel. Jahresuhren gehen wesentlich genauer).

 

Zum Schluss noch eine Bemerkung, welche Art von "Jahresuhren" es eigentlich gab und noch gibt.

Da sind an erster Stelle die normalen, mechanischen Jahresuhren mit 400-Tage Werk. Dann gibt es ausschließlich von der Firma August Schatz und Söhne eine kleine Serie aus den 50 er Jahren als 1000-Tage Uhr (siehe unter "Meine Uhren"). Auch gibt es Jahresuhren mit Komplikationen. Die Bekanntesten stammen aus der Produktion von KAISER, mit Modphasenanzeige. Einige Hersteller versuchten sich an Uhren mit Datumsanzeige und Schlagwerken, aber ohne großen Erfolg. Aber solche Uhren gibt es noch vereinzelt und diese sind die eigentlichen Schätze unter den Jahresuhren. Auch gibt es 30-Tage Uhren und solche mit einem 3-Monats Werk.

 


Haben Sie auch eine Uhr, zu der Sie einen Rat suchen oder eine Reparatur wünschen? Schreiben Sie mir.


 

 

Zitat aus

"SCHATZ 100 Jahre Jahresuhren-Fabrik GmbH Aug. Schatz & Soehne"
Firmenchronik 1881 - 1981

Der Name Jahresuhr bezeichnet eine Uhrenart, die mit einem so genannten Torsionspendel ausgestattet ist.
Das besondere daran ist die ungewöhnlich lange Gangdauer von 400 Tagen.
Erfunden wurde diese Uhrenart in den USA Mitte des 19. Jahrhunderts, in den Uhrengebieten von Connecticut und New Jersey.
Samuel B. Terry in Plymont, Connecticut erhob 1852 Anspruch auf ein Patent für eine Uhr mit Torsionspendel als Gangregler.

Keines dieser Patente und Entwicklungen konnte zu einer Serienherstellung verwendet werden.
Erst dem Schwarzwälder Uhrmacher August Schatz gelang dies.

Im Jahr 1883 verkaufte Herr Harder das Patent der J. Uhr an Herrn du Gruyter in Amsterdam, worauf wir die Fabrikation von Gewicht Reglt (Regulatoren)
aufgaben und ausschließlich J. Uhren für Herr Gruyter machten.....

Zitat Ende

Die Firma "Jahresuhren-Fabrik" unter August Schatz war also der erste Hersteller von Jahresuhren in Serie (im Auftrag der Patenbesitzer Harder und danach du Gruyter) in Deutschland. Beginnend mit dem Jahr 1881 und endete leider 1986.
 


 

 

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Stand: 05.09.18

(c) Rolf-Dieter Reichert 2018