Drehpendeluhr im reinen Jugendstil
Jahresuhrenfabrik (JUF)
Baujahr 1905 - 10
Diese Uhr hat ein mechanisches 400-Tage-Werk. Sie ist also
eine "Echte" Jahresuhr, der Dom ist Echtglas, die Höhe der
Uhr 45 cm vom Scheitel bis zur Sohle und der Durchmesser des
Domes 17,5 cm. Also eine richtige erwachsene Jahresuhr. Hier die Historie der
"Jahresuhrenfabrik / Triberg".
Diese Uhr ist übrigens im
Katalog von 1905 der Jahresuhrenfabrik Triberg unter der Nummer 248
aufgeführt.
Das Gehäuse besteht aus Messing,
teilweise vergoldet und Rhodiniert. Den Dom - das Original ist in
einem der überstandenen Kriege zerstört worden - konnte ich für einiges Geld
aus einer ausgelösten Klosterarbeit erstehen - ist natürlich aus Glas. Das Drehpendel, mit dem diese
Uhr zu mir kam, wurde auch mal ersetzt, passte aber ganz gut zum
Erscheinungsbild dieser recht seltenen Uhr.
Jetzt aber zur Uhr. Eine
Jahresuhr kann am besten über die hintere Platine identifiziert werden. Es
gibt Fachliteratur, die mich dabei unterstützt. Die hintere Platine dieser
Uhr weist nur eine Marke auf: Unten in der Mitte "D.R.P.No. 144688 und
darunter U.S.P.No 751686 und noch die Nummer 51103". Der Terwilliger
verzeichnete diese Uhr als hergestellt von der Jahresuhrenfabrik AG in
Triberg um 1908.
Leider war die hintere Platine
durch Bohrungen und Einfeilungen von Vorreparateuren unrettbar zerstört und
auch fehlte der Anker und das Ankerrad. Als Vorsteckstifte hat Jemand alles
verwendet, was so ähnlich aussah: Stecknadel und Nägel waren verbaut. Mein
Fazit zu diesem Werk: Unrettbar! Aber ich hatte noch ein Werk aus 1910 im
Fundus. Nach Rücksprache mit der Besitzerin der Uhr kam das Ja, bitte
reparieren!
Das Ziffernblatt
ist rund und versilbert mit der üblichen Schriftform des Jugendstil in
schwarz. Die mitgelieferten Zeiger waren abscheulich hässlich - da mussten
so schnell wie möglich andere her! Und tatsächlich nach 3 Tagen im Netz ein
Angebot. Zeiger original aus dem Jugendstil. ich habe natürlich sofort
zugeschlagen. Waren nicht ganz billig, aber passen wie die Faust aufs Auge
zu dieser Uhr.
Das Blatt ist hinter einer "Lünette" aus Messing montiert. Das Werk ist
dahinter auf dem für die JUF üblichen Werkstuhl montiert.
Diese Uhr war
auch sonst in keinem guten Zustand, aber die Besitzerin - Sie erzählte mir
die Geschichte dieser Uhr und die Odyssee, die sie hinter sich hat. 5
Uhrmacher in den letzten 20 Jahren und dann ein Dasein im Keller, denn einen
Schrotthaufen wollten die Leute nicht im Wohnzimmer haben. Und dann meine
HP, die Rettung der Uhr zeichnete sich ab.
Die ersten Arbeiten an
der Uhr war das Zerlegen und Reinigen aller Teile erst im Ultraschallbad
anschließend mit Polierpaste auf Glanz gebracht. Auch das neue alte Werk
einer gründlichen Revision unterzogen. Die Gangfeder wurde aus dem
Federhaus genommen.
Vor dieser Arbeit habe ich immer großen Respekt. Denn wenn sich diese Feder
selbständig machen sollte, sind Beschädigungen und Verletzungen ganz sicher.
Sie hat eine enorme Kraft. Nach der Reinigung der Teile wurden die Lager und
Zapfen überprüft und für in Ordnung befunden. Von daher also keine Probleme. Nach dem
Polieren der Platinen wurden die Lager gaaaanz vorsichtig mit der Glättahle
gereinigt.
Jetzt gab es bei der
Montage und beim Probelauf keine Probleme mehr.
Die Einstellung des Ganges bei diesen Uhren ist
immer eine langwierige Angelegenheit, da das Werk nach jeder Manipulation an
der Pendelfeder oder am
Drehpendel mehrere Stunden braucht, bis sie IHREN Takt wieder gefunden hat.
Aber Rentner (ich) habe ja Zeit!
In der Zwischenzeit
wurde auch der neue alte Glasdom geliefert. Der ist zwar ca. 20 cm zu hoch,
war aber der einzige, der im Durchmesser auf den Sockel passt. Durchmesser
17,5 cm. kein übliches Maß!
Jetzt noch das Pendel aufarbeiten, das Gehäuse vorsichtig (damit die
Vergoldung nicht abgerieben wird) geputzt, Pendelfeder angepasst und so
weiter. Und dann: die Uhr zeigt wieder die Zeit, wie sie es schon 1905 oder
so gemacht hat.
Jetzt ist dann also die
Zeit gekommen, die Besitzerin zu informieren, dass Ihr Schatz wieder eine
Uhr ist. Allerdings habe ich bedenken gehabt, den Dom per Post zu versenden.
Vorschlag der Besitzerin: Wir holen die Uhr bei Ihnen ab.
Gesagt, getan. Und die überglückliche Besitzerin konnte Ihre Uhr wieder in
Empfang nehmen.
Am nächsten Tag hat sie dann noch angerufen und berichtet, dass alles in
Ordnung ist. Ihr Mann hat nach meinem Anweisungen die Uhr aufgestellt, das
Pendel eingehängt, die Uhr angeworfen den Dom aufgesetzt (ein befreundeter
Glaser wird den Dom demnächst entsprechend kürzen) und seit dem erfreuen sie
sich an der nach mindestens 90 Jahren Stilstand wieder funktionierender Uhr.
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Jugendstil??? NIEMALS!
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Bis hier das alte Werk noch ganz ansehnlich.
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Da fehlt doch was? Kein Anker, kein Hemmrad. So wird das nichts.
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Und hier war der "Messingbohrwurm" am Werk.
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Untaugliche Versuche und die Frage bleibt: Was sollte das?
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Nach vorsichtiger Politur wieder ganz ansehnlich.
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Mit den neune Zeigern aus dem Netz. Die sind wie für diese Uhr gemacht!
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Das kann sich sehen lassen, oder?
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Hier ein Einblick in das neue alte Werk. Herstellungsjahr ca. 1910, ebenfalls von der JUF.
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...und sie zeigt wieder die Zeit!
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Ferttig zum Abholen. Und sehr genau ging sie auch noch. 4 Wochen neben meiner DCF-77 nur eine Abweichung von 1 Minute.
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Und hier mit dem zu hohen Dom. Aber gut sieht sie aus, die Jugenstil-Uhr.
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Stand:
08.04.25
(c) Rolf-Dieter Reichert 2018
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